An dieser Tafel komme ich immer wieder vorbei (meine Lieblings-Walking-Strecke).
Der Text ist amüsant zu lesen, nicht wahr?

Die Geschichte geht mir doch etwas nach und ich frage mich, wie das wohl so her und zugegangen ist damals.
Sind die aufeinander los gegangen? Mussten die Parteien Geld in die Hand nehmen, um ihre Rechte zu erhalten? Bestimmt sind die Menschen damals nicht zimperlich miteinander umgegangen. Der Pfarrer war eine Autoritätsperson, der es nicht zu widersprechen galt. Hielten sich die Pferde- u. Schweinehirten danach an die Regelung? Und wenn nicht, was war mit ihnen geschehen? …
Wie würde eine solche Anpassung heute aussehen?
Wo vor etwas mehr als 400 Jahren wohl ein Handschlag gereicht hat, würde dies in unserer Zeit bestimmt ein mindestens 10-seitiges Dokument umfassen, notariell versiegelt und beglaubigt – und, unheimlich viel Geld kosten…
War denn nun früher alles besser? Bestimmt nicht… Einiges war vielleicht einfacher gehandhabt, anderes komplizierter, weil die heutige Technik nicht vorhanden war.
Aber die Zeit wurde anderes genutzt…
Ich erinnere mich, als mein 1. Kind geboren wurde und ich etwas ratlos im Krankenhaus der Hebamme zugeschaut habe, wie sie sich um das Neugeborene gekümmert hat. Und wenn ich dann die anderen Mütter so beobachtet habe, dachte ich ´die haben das alles so im Griff, nur ich nicht…´. Ich habe mir dann ein Herz gefasst und gedacht, dass dies bestimmt allen so geht und habe die Hebamme darauf angesprochen „die Mütter und Babys wären wohl dieselben geblieben“ (die Frau hatte schon 30 Jahre auf dem Wochenbett gearbeitet und viel gesehen…).
Daraufhin hat sie mich ernst angeschaut und gesagt: „Die Babys sind noch immer dieselben, wenn sie geboren werden seit eh und je, aber die Mütter, die haben sich sehr verändert.“ Sie erklärte mir dann, dass noch vor wenigen Jahren die Mamas ihre Zeit im Wochenbett genossen hatten, sich mindestens eine Woche ausgeruht und die Pflege angenommen hatten. Heute sei es bestimmt gut, dass die Mütter sich ab der Geburt selbst um die Kleinen kümmern können und nicht erst an der „Pforte“ das Kind in den Arm gedrückt bekommen (früher haben die Hebammen sich ausschließlich im Baby Raum um die Kleinen gekümmert). Das sei eine klare Verbesserung. Doch sie stellt fest, dass die Frauen keine Zeit mehr haben. Viele wollen gleich am selben oder nächsten Tag nach Hause. Es muss doch alles „schnell“ gehen. Das geht aber nicht. Die kleinen Wesen brauchen die Zeit des „Ankommens“, das sei schon immer so gewesen… So sei die Natur. Zudem kommen die neuen Krankenhausbestimmungen dazu (ein anderes Thema, das wir lieber lassen…).Für manache ist das Krankenhaus aber auch nicht der Ort der Erholung und so hat sich die Zeit gewandelt.
Ich möchte mich hier nicht darüber auslassen, wer wie sich nach der Geburt zu verhalten hat. Das ist bestimmt von Land zu Land wieder verschieden und jeder Frau u. Familie selbst zu überlassen.
Mich bewegt vielmehr die „schnelle Zeit und ihre Reizüberflutung“, in der wir leben. Je mehr Technologie und Digitalisierung, desto schneller muss doch alles gehen. Es hat auch seine Vorteile, nicht wahr? Immerhin kann ich diesen Text jetzt per Mausklick mal so ins Netz hängen. Irgendwer liest das und wird dadurch ermutigt (was ich doch hoffe und mir wünsche).
Unser früherer Pastor hatte mal eine Predigt darüber gehalten, wie doch vieles in unserem Leben oder um uns herum immer eine Schatten- u. eine Sonnenseite hat. Wo die Sonne scheint, fällt auch ein Schatten. Wo befinde ich mich und wo schaue ich hin? Sehe ich nur den dunklen Schatten, oder blendet mich die wärmende Sonne? Oder freue mich aber den schönen Strahlen, oder geniesse das kühlende Dunkel?
Manchmal wünschte ich mir die Zeit zurück, wo man noch in Ruhe die Schweine zum Tor hinausgeführt hat zum Weideplatz (ohne Traktoren). Das würde aber bedeuten, dass ich keine Waschmaschine habe, die mir die Wäsche säubert – dafür müsste ich mit dem Korb an den Dorfbrunnen und mich mit den anderen „Weibern“ entweder köstlich amüsieren (naja…) oder mich ab deren Geschwätz ärgern… Alles hat seine Schatten- u. Sonnenseite. Also möchte ich doch lieber nicht mehr die Zeit tauschen. Könnte ich es, überleben im Jahre 1686?… Setze ich mich doch nicht lieber ins Auto und düse los, um meine Einkäufe zu erledigen?
Wir sind alle in der Zeit geboren, in der wir sind. Es gibt bei uns die Schatten- u. Sonnenseiten, wie es auch vor 400 Jahren gewesen sein muss. Ich soll und muss mich entscheiden, worauf ich mich konzentriere und meinen Fokus setze. Auf die Schatten- oder Sonnenseiten. Das ist nicht immer so einfach. Gerade in unserer heutigen Zeit werden wir überflutet mit Nachrichten, welche die Sonne drastisch hinter die Wolken schiebt. Und trotzdem scheint sie und erwärmt unseren Tag! Kann ich es aber auch sehen?
Manchmal brauchen wir Geduld und Vertrauen, dass sich Dinge verändern, die uns Kummer und Schwere bereiten. Dann sieht alles trist und schattig aus. Ja, das kenne ich. Ich weiß, die Sonne ist da, aber dass sie hinter den Wolken sitzt, das passt dann gerade so gut…
Doch plötzlich löst sich ein Problem, oder ein Streit kann geschlichtet werden, die ersehnte Antwort auf eine Stellensuche trifft ein, die Steuern sehen doch nicht so schlimm aus, eine tolle Nachricht flattert ins Haus, etc…..
„Die Hoffnung, die sich verzögert, die ängstigt das Herz; wenn´s aber eintrifft, was man erhofft, das ist wie ein Baum des Lebens.“
Sprüche 13; 12 (die Bibel)
Wenn wir mal wieder an einer alten Tafel vorbei kommen mit einem „amüsanten“ Ausschnitt der Geschichte, da wünsche ich uns das Bewusstsein, dass auch unsere Geschichte in ein paar Jahrzehnten/Jahrhunderten durchaus zum Kopfschütteln Anlass geben könnte. Aber diese Anekdote sagt nichts über das Leben und Herz der Menschen von damals und heute aus. Das ist unsere eigene und persönliche Sache, hier und jetzt – wie leben wir – was bewegt uns und viel wichtiger, an wen wenden wir uns, wenn die Sonne wieder mal hinter den Wolken verschwindet…?
Es geht immer wieder weiter – sieh dich um und entdecke das Schöne, auch wenn es vielleicht grad nicht so scheint!
Alles Liebe
Anna